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Wenn Banken passen: Finanzierungsprobleme bei der Umstellung auf nachhaltige Landwirtschaft in Franken

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Ralf Reusch über die Zukunft von Oberfranken

Seit 2003 mit seiner Familie in seiner neuen Heimat Oberfranken angekommen, ist Ralf Reusch verantwortlich für die Betreuung von institutionellen Kunden einer Spezialbank in Hof. Als Mitglied im Nachhaltigkeitsforum der Bank bringt er das Thema der regionalen und saisonalen Ernährung auch im beruflichen Umfeld ein. Wenn er nicht gerade Kantinenbetreiber zu verpflichtet, regional produzierte Lebensmittel zu verwenden, setzt sich der gelernte Industriekaufmann und Betriebswirt ehrenamtlich im Aufsichtsrat der Regionalwert AG Franken ein.

In diesem Interview beleuchten wir aktuelle Finanzierungsprobleme, vor denen Projekte zur Umstellung auf nachhaltige Landwirtschaft in Franken stehen.

Als Mitglied im Nachhaltigkeitsforum Ihrer Bank haben Sie dazu beigetragen, regionale Lebensmittel in der Kantine zu bringen. Welche Herausforderungen gab es bei der Umsetzung dieser Initiative?

Ralf Reusch: In der Regel haben große Caterer überregionale Einkaufsvereinbarungen und setzen damit günstige Preise durch. Dennoch konnten wir unseren lokalen Ansprechpartner des Caterers davon überzeugen, dass z.B. unsere Milchprodukte von einer lokalen Molkerei bezogen werden. Die gilt auch für Back- und Fleischwaren hier wurde jeweils eine mittelständische Bäckerei und Metzgerei vor Ort gefunden. Diese konnte sogar vertraglich vereinbart werden.

 

Kurze Wege zum Verbraucher sind für Sie ein entscheidendes Kriterium. Welche Vorteile sehen Sie in der Unterstützung von lokalen Landwirten und regionalen Lebensmittelproduzenten?

Ralf Reusch:Als umweltbewusster Betriebswirtschaftler sehe ich hier zunächst die günstige Ökobilanz, die auf kurzen Transportwegen beruht. Natürlich auch die Frische der Produkte frei nach dem Motto „vom Acker auf den Teller“. Auch spielen Emotionen mit, wenn ich den Produzenten und den Landstrich, auf dem meine Lebensmittel gewachsen sind, kenne.

 

 

Das saisonale Angebot von Lebensmitteln ist für Sie eine Selbstverständlichkeit. Wie können Verbraucher dazu ermutigt werden, sich bewusster für saisonale und regionale Produkte zu entscheiden?

Ralf Reusch: Wenn man beim Einkauf auf das Herkunftsland achtet und sich den Transportweg vor Augen führt, sollte dies Ermutigung genug sein. Spargel aus Peru, der entweder per Flugzeug oder Schiff zu uns kommt, kann nicht die erste Wahl sein. Aus meiner Sicht ein sehr zweifelhafter Genuss.

 

Welche Bedeutung hat die Gemeinschaft und die Zusammenarbeit zwischen Verbrauchern, Produzenten und Unternehmen, um die regionale Lebensmittelversorgung zu stärken?

Ralf Reusch: Als einen großen Vorteil sehe ich an, dass Produzenten mit Verbrauchern kommunizieren und somit die tatsächliche Nachfrage in den Fokus rückt.


 

Die Regionalwert AG Franken setzt sich für ökologische Landwirtschaft und nachhaltige Lebensmittelproduktion ein. Welche langfristigen Vorteile sehen Sie für die Region und die Gesellschaft auch in betriebswirtschaftlicher Sicht insgesamt, wenn diese Ziele erreicht werden?

Ralf Reusch: Ich bin der festen Überzeugung, dass nur eine ökologische und nachhaltige Landwirtschaft die Qualität der Lebensmittel erhält und fördert. Wenn es gelingt eine regionale Vermarktung mit fairen Preisen zu etablieren, kann die Region nur davon profitieren. Landwirtschaftliche Flächen werden dann auch wieder wertvoll und fallen nicht dem Flächenfraß für Logistikzentren oder Gewerbegebieten zum Opfer.

 

Die Regionalwert AG Franken ist keine "normale" Aktiengesellschaft. Menschen und Unternehmen können Aktien zeichnen, um Projekte in der Region mitzufinanzieren. Wie unterstützt die Initiative bei der Förderung regionaler und nachhaltiger Lebensmittelversorgung, wenn klassische Bankkredite nicht möglich sind?

Ralf Reusch: Die Regionalwert AG Franken prüft zunächst Ideen und Projekte und unterstützt dann insbesondere mit dem Know-how ihrer Vorstände. Bei einer wirtschaftlichen Tragfähigkeit finden wir in der Regel die passende Unterstützung mit unseren Investitionen. Dies können Mietmodelle oder auch direkte Beteiligungen sein.

 

Wie können Finanzdienstleister insgesamt dazu beitragen, nachhaltige Praktiken und regionale Lebensmittelversorgung zu fördern? Ist ein Kurswechsel von Rendite zu Nachhaltigkeit überhaupt möglich?

Ralf Reusch: Hier bin ich als Banker zuversichtlich, dass dies gelingen wird. Geldanlagen werden seit geraumer Zeit hinsichtlich der ESG-Kriterien beurteilt und eingestuft. Die Kleinanleger, aber auch professionelle Investoren, achten verstärkt darauf, welche Auswirkungen die Investitionen auf die Kriterien 'Umwelt' und 'Soziales' haben. Ebenso steht die 'Unternehmungsführung' im Fokus. In puncto Nachhaltigkeit sind die Anleger bereit auf Rendite zu verzichten. Auf der Unternehmensseite besteht hier leider noch Nachholbedarf.

Ralf Reusch, geboren 1963, Industriekaufmann und Dipl.-Betriebswirt (FH), lebt seit 2003 mit seiner Familie in Oberfranken. Mit über 30 Jahren Erfahrung in der Finanzdienstleistungsindustrie in einer Spezialbank in Hof tätig und verantwortlich für die Betreuung von institutionellen Kunden. Als Mitglied im Nachhaltigkeitsforum der Bank bringt er seine gesellschaftspolitischen und ökologischen Überzeugungen auch im beruflichen Umfeld ein. Eine Initiative war z.B. den Kantinenbetreiber zu verpflichten, nur regional produzierte Lebensmittel zu verwenden. Was liegt da näher, als dass er sich auch ehrenamtlich als Aufsichtsrat mit seiner betriebswirtschaftlichen Expertise in das Aufsichtsratsteam der Regionalwert AG Franken einbringt. Für Ralf Reusch sind regional und nachhaltig produzierte Lebensmittel die erste Wahl und die kurzen Wege zum Verbraucher das entscheidende Kriterium. „Das saisonale Angebot von Lebensmitteln ist für mich im doppelten Sinn eine natürliche Selbstverständlichkeit. Spargel und Erdbeeren kann ich nicht im Winter genießen und so erfreue ich mich an der jahreszeitlichen Abwechslung.“